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Lenken, steuern, Dinge antreiben: Das ist seit über 43 Jahren das Kerngeschäft der Th. Niehues GmbH aus Senden im Münsterland. Das familiengeführte Unternehmen produziert hydraulische und elektrische Antriebs- und Steuerungstechnik für den Maschinenbau. Wie aber entstehen eigentlich in dieser Branche neue, zukunftsweisende Ideen? Michael Niehues berichtet im Interview unter anderem von einem Innovationsprojekt, bei dem auch die Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld eine Rolle spielte.

Herr Niehues, komme ich als normaler Verbraucher überhaupt irgendwo mit Ihren Produkten in Kontakt?

Nein, mit dem Endverbraucher haben wir direkt nichts zu tun. Wir liefern unsere Komponenten für den Maschinenbau. Das sind zum Beispiel Maschinen, die das Stahlwerk einer Kunststoffspritzmaschine antreiben. Oder Kommunalmaschinen, die man draußen sieht – Bagger oder Kräne. Die Hydraulik ist das Kraftpaket der Maschine. Sie kann auf kleinstem Raum sehr viel Energie erzeugen und somit enorme Kräfte bewegen. Wenn ein Kran sehr viel heben muss, dann ist die Hydraulik dafür entscheidend.

Sind Sie speziell für bestimmte Branchen tätig?

Wir bezeichnen uns als Full-Liner, also als Anbieter mit einer sehr großen Sortimentsbreite und -tiefe. Wir haben keine Branche, die wir im Speziellen bedienen. Es gibt bei uns nur zwei Kernunterscheidungen: einmal den industriellen und dann den mobilen Bereich – also alles, was auf der Straße, dem Wasser oder auf der Schiene unterwegs ist. 

Für uns ist es wichtig, generell innovative Antriebs- und Systemlösungen zu entwickeln – nicht nur Insel-Lösungen für einzelne Branchen.

Wo liegen denn Ihre Kernkompetenzen, wenn Sie sich im Vergleich zum Wettbewerb positionieren?

Für uns ist es wichtig, dass wir generell innovative Antriebs- und Systemlösungen entwickeln und nicht nur Insel-Lösungen, die ausschließlich einer einzigen Branche dienen. Diese Grundhaltung hat uns in der Vergangenheit auch in schwierigen Zeiten abgesichert. Durch die Breite, die wir anbieten, sind wir für unsere Kunden Ansprechpartner rund um das gesamte Projekt. Das heißt, der Kunden kauft nicht nur ein Produkt, sondern auch die Installation, Inbetriebnahme und den kompletten Service. 

Wo sehen Sie in Ihrem Bereich in Zukunft die größten Innovationspotenziale?

Die Digitalisierung nimmt auch bei uns deutlich zu. In unserem Bereich bezieht sich das auf den elektrischen Anteil – den Steuerungsanteil in der Hydraulik. Die Hydraulik an sich ist ja ein mechanisches Produkt, bei dem die Möglichkeiten irgendwann ausgereizt sind, weil man an physikalische Grenzen stößt. Also bleibt uns die Möglichkeit, die Steuerung zu optimieren. Hier geht es dann um Feinheiten und um die kümmern wir uns.

Digitale Services sind aktuell auch ein wichtiges Thema bei Ihnen. Wie sehen diese konkret aus?

Da sind wir beim Thema Industrie 4.0. Die meisten Firmen überwachen zwar ihre Produktionsprozesse im Sinne von Output und Qualität, aber nicht unbedingt flächig ihre Maschinendaten. Hier setzen wir mit unserem Digitalen Service an. Unsere Kunden haben dadurch die Option, ihre Maschine komplett zu überwachen. Das Ganze ist cloudbasiert, d.h. sowohl wir als auch der Kunde kann die Daten einsehen. Predictive maintenance nennt man diesen Ansatz – voraussagen, wo sich möglicherweise ein Problem anbahnt, um so im Vorfeld Kosten zu vermeiden.

Wie entstehen denn bei Niehues Innovationen? Beschreiben Sie doch mal die Abläufe bei diesem kreativen Prozess.

Die Basis hierfür legt unser Vertrieb, der sein Ohr genau am Markt hat und übrigens ausschließlich aus erfahrenen Technikern besteht. Im Haus haben wir dann eine Development-Gruppe, die diese Anregungen und Impulse aufnimmt. In dieser Gruppe, die wir themenbezogen zusammenstellen, entstehen dann neue Ideen, Lösungen und Produkte. In der Regel sind das Kooperationen mit einem bestimmten Kunden, aus denen dann später auch Lösungen für eine ganze Branche resultieren können.

Beschreiben Sie doch mal das Projekt, bei dem Sie Herr Holterhues von der Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld begleitet hat.

Da geht es um eine sogenannte Zwangslenkung für gezogene Fahrzeuge, die wir gerade entwickeln. Damit sind Anhänger gemeint, die vor allem in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Das Problem dieser Anhänger ist, dass sie nicht unbedingt immer dahin fahren, wo der Traktor hinfährt. Teilweise fahren sie z.B. versetzt zum Traktor. Die Zwangslenkung dient dazu, den Anhänger exakt in die Spur zu bewegen, wo er vom Anwender benötig wird. Eine ähnliche Steuerung gibt es am Markt zwar schon, aber die Art wie wir sie jetzt aufbauen und mit einem Kunden gemeinsam entwickeln, ist neu. Der Prototyp wird gerade in Süddeutschland auf Herz und Nieren getestet und die bisherigen Ergebnisse stimmen uns sehr positiv.

Kam der Anstoß für die Produktentwicklung hier vom Kunden?

Nein, in dem Fall war es so, dass unsere Vertriebler am Markt gemerkt haben, dass es diese spezielle Problemstellung gibt: einen konkreten Bedarf, der von den am Markt erhältlichen Produkten nicht abgedeckt wird. Wir haben dann gemeinsam mit dem Kunden analysiert, welche Anforderungen er hat und welche Features ihm noch fehlen. So entstand ein Produkt, das dem Leistungsangebot unseres Wettbewerbers noch einige entscheidende Features hinzufügt. Wir warten jetzt nur noch auf die TÜV-Abnahme und die Straßenverkehrszulassung.

Welche Art der Förderung erhielten Sie für das Projekt und wie hat Sie die Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld dabei unterstützt?

Wir stehen ja mit der Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld schon seit längerem in regelmäßigem Austausch. Wenn es etwas Neues gibt, kommen die wfc-Innovationsberater auf uns zu, wir treffen uns und tauschen uns aus. In diesem Fall ging es um eine Fördermöglichkeit über das Forschungszulagengesetz. Das Besondere bei dieser Art der Unterstützung ist, dass sie mit ihrem Projekt bereits begonnen haben können. 

Ein Punkt, der Ihnen besonders wichtig ist, richtig?

Absolut! Denn wir bei Niehues haben noch nie ein Projekt gestartet, nur weil es dafür Förderung gab. Das ist nicht unsere Ambition. In dem Fall war es so, dass die Entscheidung, die Zwangslenkung zu entwickeln, bereits gereift war. Durch die Beratung von Herrn Holterhues erfuhren wir dann, dass wir die Förderung durch das Forschungszulagengesetz auch beantragen können, wenn das Projekt schon läuft. Er hat uns dann intensiv beraten, uns durch den Bewerbungsprozess begleitet und bei der Bürokratie unterstützt.

Worin besteht die Förderung beim Forschungszulagengesetz?

Es handelt sich im Grunde um eine Steuergutschrift. Von den eigenen geleisteten Stunden und denen externer Dienstleister wird ein gewisser Prozentsatz gutgeschrieben und der Unternehmenssteuer angerechnet. Es mindert also letztendlich unsere Steuerlast. Diese Art der Förderung kommt unserem Geschäftsgebaren sehr entgegen. Wir sind ein innovatives Unternehmen, das eng am Kunden arbeitet. Auch der Bewerbungsprozess war im Verhältnis zu dem, was man als Erstattung bekommt, überschaubar – also nicht zu langwierig oder kompliziert.

War Ihnen diese Art der Förderung eigentlich vorher schon bekannt?

Grob wussten wir schon davon. Die Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld hatte auch vor einiger Zeit eine Informationsveranstaltung zu dem Thema organisiert, die wir besucht hatten. Dennoch war die Beratung und Begleitung durch die wfc für uns wichtig, bei der wir noch viele für uns relevante Details erfahren haben.

Herr Niehues, vielen Dank für das Gespräch und die interessanten Einblicke in Ihr Unternehmen und Ihre Branche.

Das Interview wurde geführt von Thomas Heidges.

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